Jesus und die „letzte Generation“


Wort zum Karfreitag, 07.04.2023

von Matthias Kuna-Hallwaß, Pastor in Barum-Natendorf und Ebstorf
Matthias Kuna-Hallwaß (Foto: privat)
Matthias Kuna-Hallwaß (Foto: privat)

Karfreitag ist traditionell der höchste Feiertag bei den evangelischen Christinnen und Christen. Selbst Menschen, die es mit dem Kirchenbesuch nicht so ernst nehmen, spüren es an diesem Tag: Öffentliches Tanzverbot und gedämpfte Stimmung – selbst im säkularisierten Deutschland. Es ist ein stiller Tag des Nachdenkens. Überlegenswerte Dinge gibt es viele, keine Frage. Mich beschäftigt besonders:

Von der Generation, die das aktuelle politische Handeln maßgeblich bestimmt und zum größten Teil aus älteren Erwachsenen besteht, wird gesagt: Dieser Generation könnten notwendige Klimaschutz-Maßnahmen nicht zugemutet werden (z.B. Heizungstausch, Tempolimit, u.v.m.). Und dabei wird anscheinend wenig daran gedacht, was den kommenden Generationen (z.B. den jetzt lebenden Kindern) zugemutet wird, wenn diese Maßnahmen jetzt nicht umgesetzt werden. Ich frage mich: Was würde Jesus dazu sagen?

Jesus hat seinen Auftrag, das Reich Gottes zu verkündigen, sehr ernst gekommen. Dafür hat er Spott, Anfeindungen und in letzter Konsequenz den Tod auf sich genommen. Daran erinnert Karfreitag. In der Überlieferung gibt es mehrere Gerichtsworte Jesu gegen die mit ihm lebende Generation und gegen die Machthaber seiner Zeit. Jesus macht sie für die schlimme Situation verantwortlich. Er hält ihnen eine Gerichtspredigt. Und er handelt symbolisch, z.B. stößt er im Tempel die Tische der Geldwechsler um und stört den reibungslosen Tempelbetrieb. Warum macht Jesus das?

Seine Reich-Gottes-Verkündigung war immer eine Aufforderung zur Umkehr. Jesus wollte die mit ihm lebende Generation zu einem anderen Denken und Handeln bewegen. Er hat die Hoffnung nicht aufgegeben: Sie können die drohende Katastrophe ihrer Zeit abwenden und sich auf einen besseren Weg begeben. Daran glaubte er bis zu seinem Tod.

Und heute: Unsere Gesellschaft will keine Gerichtspredigten hören – auch wenn Umkehr angesichts der Klimakrise dringend nötig wäre. „Es ist ja alles schwer genug und jeder hat seine eigenen Probleme!“, höre ich. Auch die Kirche möchte die Rolle der „Moralpredigerin“ nicht haben. Die gewaltfreien Symbolhandlungen der „Letzten Generation“ (z.B. das Blockieren von Verkehrsadern) werden diffamiert – gerade, weil sie öffentlichkeitswirksam einen gesellschaftlichen Nerv treffen.

Ich glaube: Jesus hätte Sympathien für die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“. Ihre „konservative“ Botschaft würde er unterstützt: Die Bewahrung von Gottes Schöpfung und der Lebensgrundlagen der kommenden Generationen wären heute auch seine Anliegen. Und Jesus hätte wahrscheinlich kein Problem damit gehabt, der heutigen Gesellschaft eine Gerichtspredigt zu halten und sie zur Umkehr aufrufen. Immer in der Überzeugung, dass es Hoffnung gibt. Hoffnung, dass die jetzt handelnde Generation einlenkt – denn sie ist die letzte Generation, die das Runder noch rumreißen und die Zerstörung der Schöpfung verhindern kann. 

Matthias Kuna-Hallwaß,
Pastor in Barum-Natendorf und Ebstorf