Ich singe gern! Sie auch?


Wort zum Sonntag, 07.05.2023 (4. So. n. Ostern, „Kantate“)

von Pastor Armin Sauer, Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Petri Uelzen
Armin Sauer (Foto: Hanns-Martin Fischer)

Dieser Sonntag ist eine Einladung zum Singen: „Kantate!“ So heißt der Sonntag in unserem kirchlichen Kalender - zu deutsch: „Singt!“ - Ich nehme diese Einladung gern an, denn Singen macht mir seit jeher Freude. 

Gelegenheiten zum Singen gibt es viele: Nicht nur in Chören wird gesungen, sondern auch in Fußballstadien, bei Konzerten von Gabalier oder Grönemeyer, bei privaten Feiern oder in unseren Gottesdiensten natürlich.

Die Forschung sagt: Beim Singen wird das Hormon Oxytocin freigesetzt, ein Hormon, das Liebe, Vertrauen und Ruhe weckt.

Beim Singen passiert es manchmal, dass ich mich selbst vergesse: bei den Schlussakkorden eines großen Kantoreikonzerts, beim gemeinsamen Singen in der Kirche, am Lagerfeuer, manchmal auch ganz allein auf einem einsamen Strand- oder Waldspaziergang bei strahlendem Sonnenschein.

In einem Gedicht von Eva Strittmatter heißt es sinngemäß: „Singen hebt vom Boden.“ Es gibt kein Rezept, wie das gelingt. Wenn es geschieht, so ist es ein Geschenk. Oxytocin ist eine Gabe Gottes. Dann singe nicht mehr ich, dann klingt es in jeder Zelle meines Körpers.

Kann ich auch dann noch singen, wenn mir all die Schönheiten der Schöpfung aus dem Blick geraten? Wenn Krieg und Krankheit und Zerstörung, wenn Hass und Gewalt und Unrecht mir die Kehle zuschnüren wollen? - Ja, auch dann möchte ich singen (können): vielleicht zaghaft, vielleicht trotzig. Ich will es wagen, der Wirklichkeit Gottes für mein Leben bittend und lobend habhaft zu werden.

Paul Gerhardt (1607 – 1670) hat selbst im Dreißigjährigen Krieg Unrecht, Gewalt und Hunger miterlebt. Dennoch wagte er es, die Treue Gottes auf vielfache Weise zu besingen. Paul Gerhardts Glaube ist „Dennoch-Glaube“, ein durch und durch trotzender Glaube. Er hält sich fest an den Verheißungen Gottes, an seiner Treue, gegen allen Augenschein, gegen all das, was auch uns täglich vor Augen ist. 

Für Paul Gerhardt ist christlicher Glaube singender Glaube. Ein Glaube jedoch, der sich selbst nicht überschätzt: Nicht Solosänger-Glaube auf großer Bühne, sondern Teil eines Chores, eines Zusammenklangs, Teil der verletzlichen, vergänglichen und doch wunderschönen Welt, geschaffen zum Lob des Schöpfers. In ihm sind wir verbunden mit der Ewigkeit. Auch dort werden wir singen - und Gott verleiht unserem Gesang Klang und Harmonie und Strahlkraft.

Sonntag „Kantate“: Singen ist ein Lebenselixier. Daran erinnert mich dieser Sonntag.

Pastor Armin Sauer,
Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Petri Uelzen