Pfingsten – das Fest einer inneren Bewegung, einer Verständigung der Menschen und Völker über alle sprachlichen Grenzen hinweg. Dieses Fest ist verbunden mit starken Gefühlen, mit einer großen Kraft, der Kraft des Heiligen Geistes. Sein Zeichen ist die Farbe Rot: die Farbe von Blut und Feuer, die Farbe der Liebe, der Leidenschaft und auch des Zorns. „Und es erschienen den Jüngern Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist“, heißt es in der Apostelgeschichte. Der Heilige Geist als Feuerflamme, leuchtend wie ein Signal. Feuer vertreibt Kälte, Erstarrung und Finsternis. Feuer verheißt Wärme und Licht und Lebendigkeit.
Spontan wie ein Feuer hat sich das Christentum damals in Jerusalem ausgebreitet. Viele Menschen ließen sich taufen. Sie wurden Christen und sagten weiter, was sie von den Jüngern Jesu gehört und erfahren hatten. Und sie brachten andere in Bewegung. Weit über Jerusalem hinaus, bis nach Kleinasien, Griechenland und schließlich bis nach Rom verbreitete sich das Christentum.
Für den römischen Kaiser war diese Ausbreitung so etwas wie ein bedrohlicher, unkontrollierter Flächenbrand. Er fühlte sich durch die Christen in seiner Macht bedroht, umso mehr, als er diese neue Lehre weder mit Waffen noch mit Unterdrückung bekämpfen konnte. Zwar verfolgte er die Christen, sperrte sie ins Gefängnis, ließ sie foltern und verhängte die Todesstrafe über sie – aber all diese Maßnahmen änderten nichts. Der Heilige Geist war eine Kraft, die sich weder einsperren noch töten ließ. Die Christen, die von dieser Kraft bewegt waren, waren unbeugsam und unerschrocken. Sie waren sogar dazu bereit, für ihren Glauben zu sterben. Rot – diese Farbe steht auch für die christlichen Märtyrer und ihr Blut.
Auch heute wird es in einer Anzahl von Staaten außerhalb Europas zunehmend bedrohlicher, Christ zu sein. In Nordkorea und Pakistan, in Syrien und Ägypten, im Irak und in mehreren afrikanischen Staaten werden Christen verfolgt und nicht selten mit dem Tod bedroht. Die Angst vor Machtverlust, die schon den römischen Kaiser vor fast 2000 Jahren bewegte, treibt auch manche Machthaber der Gegenwart um. Was für eine Kraft ist diese Kraft des Heiligen Geistes, dass sie so brutal und unerbittlich bekämpft werden muss?
Rot – die Farbe des Feuers, der Liebe und auch die Farbe der Freiheitskämpfer. „Eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben.“ So beschreibt Petrus die Zukunft derer, die den Heiligen Geist empfangen haben. Träume und Visionen, vom Geist inspiriert, können eine große Kraft entfalten. Eine Kraft, die sich gegen festgefügte Meinungen und Konventionen, vor allem aber gegen Unterdrückung und Gewalt richtet.
Rot – die Farbe der Aktivität und Bewegung. Geist, Wind, Hauch – das ist im Hebräischen ein Wort: „Ruach“. Manche Aktivitäten beginnen leise und sanft wie ein Hauch und werden von außen zunächst kaum wahrgenommen. Dennoch verändern sie uns und die Welt. Geist ist Bewegung, und wo Bewegung ist, da ist Leben und Hoffnung, Ermutigung und Trost. So befreit Gottes Geist uns zum Leben. Er gibt unseren Träumen Raum und ermutigt uns, Herausforderungen anzunehmen und nach vorne zu schauen.
Die Farbe Rot, die als liturgische Farbe zum Pfingstfest gehört – sie ist ein Hoffnungszeichen für uns, verbunden mit der Zusage: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen.“