
„Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ (Jeremia 17,14)
Das biblische Motto für die nächste Woche fasst eine für viele Menschen wichtige Botschaft des Glaubens zusammen: Gott hilft und heilt. Im Wortsinn und im übertragenen Sinne. In der Bibel wird dabei die Überwindung der Trennung von Gott und seinen Geboten – religiös gesprochen: Sündenvergebung – mindestens genauso wichtig genommen wie körperliche und seelische Gesundheit. So fragt Jesus einmal: „Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin?“ (Markus 2, 9).
In unserer Zeit ist das Verständnis von Gesundheit, Krankheit und Heilung ein ganz anderes. Und es gibt viele unterschiedliche und auch widerstreitende Aspekte und Perspektiven. Die nach ihrem Studium erblindete Theologin und Autorin Susanne Krahe hinterfragt die „Heile-Welt-Phantasien“ in biblischen Heilungsgeschichten kritisch. Sie schreibt fiktive Fortsetzungen dazu, zum Beispiel so: „Solange der Mann jung und gelähmt gewesen war, hatte er Freunde und Nachbarn gehabt, lauter Leute, die seine unbeweglichen Knochen durch die Gegend schleppten. Helfen wollten sie. Ihm Gutes erweisen … Aber als ihr Freund dann … seine Bahre unter den nicht mehr gelähmten Arm klemmte und vor aller Augen hinausging, mischte sich Misstrauen unter ihr Staunen. Wie konnte das sein? … Zum Misstrauen gesellte sich bald Missgunst … Seit der Gelähmte ein stinknormaler Mann war … sprach er nur noch von Ex-Freunden… Berühmt wurden nur die Erfolgsgeschichten. Berühmt wurden nur die wunderbaren Augenblicke, aber nicht die endlose Lebenszeit, die nach dem Wunder zu bestehen war.“
Die Autorin Susanne Krahe bietet einen Perspektivwechsel an, mit dem sie die Erfahrungen heute lebender Menschen mit Behinderung und ihrer Familien einbeziehen möchte. Sie überlegt, ob Heilwerden auch bedeuten könnte, dass das Nichtheile nicht mehr als Störfaktor betrachtet würde. In unserer Zeit eine Selbstverständlichkeit – oder?
In Kirchengemeinden wird – wie überall in der Gesellschaft – nach Wegen gesucht, damit Angebote und Gemeindeleben möglichst barrierearm sind. Das meint nicht nur Gebäudezugänge und Treppen, sondern Mikrofonanlagen und Texte in leichter Sprache. Auch das kritische Hinterfragen von biblischen Texten und vertrauten Glaubensvorstellungen gehört dazu. Damit Glaube im Alltag aller hilfreich und heilsam erlebt werden kann.
Pastorin Stefanie Arnheim, Ev.-luth. Kirchengemeinde Suhlendorf
und Schulpastorin am Herzog-Ernst-Gymnasium Uelzen