Wir haben es nicht in der Hand ...


Wort zum Sonntag, 04.02.2024 (vorl. So. v. d. Passionszeit)

von Pastorin Friederike Holtz, Ev.-luth. Kirchengemeinde Wriedel

„Mein Mann wollte unbedingt unsere Diamantene Hochzeit erleben.“ - „Meine Mutter hat es so genossen, dass sie den Urenkel noch erleben konnte.“ - Solche Sätze höre ich in Trauergesprächen. Auch nach einem langen Leben mit vielen Erlebnissen gibt es etwas, worauf Menschen hinleben und gleichzeitig wissen, dass es nicht in ihren Händen liegt. Und dieses letzte Erlebnis macht das gelebte Leben irgendwie rund; auch im Rückblick der Angehörigen.

„Jetzt ist mein Leben rund. Ich kann in Frieden sterben.“ - Ein starker Satz. Sinngemäß sagt es so der alte Mann Simeon als er Maria und Josef mit dem Jesusbaby sieht. Er sieht die Erfüllung seines lebenslangen Wartens auf den Hoffnungsträger Israels und der ganzen Welt. Simeon erkennt den ersten Strahl des Lichts, das durch Jesus in die Welt leuchten wird. Der babykleine Anfang reicht ihm. Den Rest überlässt er Gott und den kommenden Generationen.

„Wie gut, dass meine Mutter nicht mehr erleben musste, wie mein Bruder gestorben ist.“ - „Ist vielleicht gut so, dass mein Mann Corona, Ukrainekrieg und die ganzen anderen Krisen nicht mehr miterleben musste.“ - Das sind andere Sätze, die tatsächlich seltener, aber doch fallen. Es geht um eine Last, die nicht mehr in die Waagschalen von Freud und Leid eines Lebens hineingeworfen wurde.

„Du wirst es miterleben müssen, den Schmerz.“ - So sagt es Simeon zu Maria. Viele Jahre später muss sie zusehen, wie Jesus leidet und stirbt. Was sie mit „Gottes und Marien Sohn“ erlebt, ist die ganze Bandbreite zwischen Jubel und Schmerz. Am Ende darf Maria miterleben: Das Licht, das Simeon erwartet und Jesus ausgestrahlt hat, geht weiter in die nächste Generation und in die nächsten Städte und Länder.

Maria Lichtmess am 2. Februar ist ein eher unbekanntes Fest in der evangelischen Kirche. Doch alle lesen in der Bibel von der Begegnung von Simeon, Maria und Jesus. Das Treffen der Generationen, die Gottes Geschichte mit der Geschichte der Menschen untrennbar verflochten haben.

Was möchte ich gerne noch erleben? Was will ich nicht mehr miterleben? Beides habe ich nur sehr begrenzt in der Hand. Von der Geduld und dem Vertrauen eines Simeon würde ich mir gern ein Stück abschneiden. Dazu von seiner Fähigkeit, die Anfänge von Licht und Hoffnung zu sehen, die Gott in jeder Generation schenkt.

Pastorin Friederike Holtz,
Ev.-luth. Kirchengemeinde Wriedel