Nachfolge


Wort zum Sonntag, 11.02.2024 (letzter So. vor der Passionszeit)

von Pastor Christoph Scharff-Lipinsky, Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Petri Uelzen
Pastor Christoph Scharff-Lipinsky, Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Petri Uelzen (Foto: privat)

In der kommenden Woche beginnt die Passionszeit. Deshalb finden in diesen Tagen noch viele Karnevals-Feste statt, weil die „Narretei“ am Aschermittwoch für alle Narren endet.

Viele Menschen nehmen sich in der Passionszeit vor, auf etwas Liebgewonnenes zu verzichten. Der eine will bis Ostern keinen Alkohol mehr trinken, die andere nutzt die sieben Wochen „ohne“ für ihre Frühjahrsdiät. Das ist schön, bestimmt gesund und ich sollte das auch mal machen. Aber mit Passion und der Nachfolge Jesu hat das noch nichts zu tun.

Überraschenderweise sind aber im Moment hunderttausende von Menschen unterwegs, Passion zu wagen. Seit kurzer Zeit rührt sich in Deutschland Widerstand gegen den menschenfeindlichen Populismus der Rechten. In erstaunlichem Ausmaß sind Menschen bereit für Freiheit und Menschenfreundlichkeit auf die Straße zu gehen. Bei der letzten Lichterkette in Uelzen war das kein Vergnügen. Sturm und Regen luden nicht zum Abendspaziergang ein. Und doch verließen Viele ihr warmes Wohnzimmer, weil sie sich gegen die bösen und menschfeindlichen Parolen der Rechten stellen wollten. Deutschland soll ein Land der Vielfalt bleiben. Freiheit und Gerechtigkeit sind hohe Güter der Demokratie, für die es lohnt, in den Sturm hinauszugehen.

Ich schätze mal, die meisten der Demonstranten haben nicht darüber nachgedacht, ob ihr Handeln religiös ist. Gott ist das wahrscheinlich egal, solange es für die richtige und gute Sache geht. In einem der berühmtesten Texte der Bibel heißt es sinngemäß: Wenn ich schön reden kann, wenn ich politisch vorausschauend bin, klug bin und die Geheimnisse der Welt verstehe, wenn ich mich sozial für die Schwachen einsetze - bis zur Selbstaufgabe, wenn ich das alles tue, ohne Liebe - es wäre vergeblich. 
Die Liebe, oder anders ausgedrückt, der Respekt vor dem Anderen und Fremden, macht die Qualität eines Volkes aus.

Ich wünsche uns eine gesegnete Passionszeit, auch wenn andere meinen, wir seien die Narren, wenn wir so handeln. - Sie haben Unrecht.

Pastor Christoph Scharff-Lipinsky,
Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Petri Uelzen