Es gibt wohl kein anderes Datum in der deutschen Geschichte, das mit so vielen Wendepunkten verbunden ist. Am 9. November 1918, nach der Abdankung des Kaisers, wurde die erste deutsche Republik ausgerufen – ein mutiger Schritt in eine neue Zeit. Nur fünf Jahre später, 1923, versuchte Hitler seinen ersten Putsch. Und 1938 wurde der 9. November zum dunkelsten Tag unserer Geschichte: Die Reichspogromnacht. Hitler hatte es geschafft, seinen Hass gegen die Juden tief in die Gesellschaft zu tragen. Die jüdischen Gotteshäuser brannten – ein Tag der Schande.
Die Folgen des nationalsozialistischen Regimes führten zur Teilung Deutschlands. Vierzig Jahre lang lebten Menschen getrennt, bis am 9. November 1989 ein Licht des Friedens aus unserem Land strahlte. „Kerzen und Gebete“ begleiteten die friedliche Revolution – ein Wunder, dass sie ohne Gewalt gelang.
Jesus sagt: „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ In diesem Satz spiegelt sich für mich Gottes Wunsch für uns wider. Er hat den Frieden in seiner Schöpfung verankert, durch seine Gebote verkündet, durch die Propheten eingefordert und durch Jesus lebendig gemacht. Gott möchte, dass ich in Frieden lebe – mit meinen Mitmenschen, mit seiner Schöpfung und mit ihm.
Die wechselvolle Geschichte des 9. Novembers zeigt eindrücklich, wie zerbrechlich Frieden ist. Hoffnung, Hass, und dann dieser eine Moment, der beweist: Es geht. Mauern können friedlich fallen.
Heute klingt Jesu Satz für mich wie eine Mahnung: Vergesst nicht – „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Unsere Welt ist brüchig, unsicher und oft widersprüchlich. Und doch gibt es eine Botschaft, die über alle Zeiten hinweg Bestand hat. Dieser Satz Jesu war 1918, 1923, 1938 und 1989 wahr – und er wird es immer sein. Gottes Sehnsucht nach Frieden ist mal Freudengesang, mal Mahnung – aber immer mit dem Blick auf Frieden mit mir, der Welt und mit ihm.
Ich lasse mir diese Mahnung heute, am 9. November 2025, gerne zusagen. Denn alle, die Frieden in unsere Welt bringen, sind die wahren Hoffnungsträger.
Pastor Holger Holtz,
Ev.-luth. Kirchengemeinde Hanstedt I,
Theologischer Leiter des Missionarischen Zentrums Hanstedt I